Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Landesverband Rheinland-Pfalz

Berufungsprozess wegen „Hausfriedensbruchs“ mit Friedensaktivistin Ariane Dettloff

Pressemitteilung:
Landgericht Koblenz bestätigt Verurteilung der Atomwaffengegnerin Ariane Dettloff

Landgericht Koblenz bestätigt Verurteilung der Atomwaffengegnerin Ariane Dettloff. 

Experte für Atomkriegs-Frühwarnsysteme erneut nicht als Zeuge angehört

Koblenz / Köln, 6.1.2022.

Das Landgericht Koblenz verwarf heute die Berufung der Kölner Journalistin Ariane Dettloff (78 J.), die 2019 gemeinsam mit sechzehn weiteren Friedensaktivist*innen auf dem Atomwaffenstationierungsgelände der Bundeswehr in Büchel (Eifel) den Übungsbetrieb mit US-Atombomben unterbrochen hatte. Richterin Klein lehnte es ab, den Informatiker Prof. Dr. Karl Hans Bläsius, einen Fachmann für Künstliche Intelligenz und Frühwarnsysteme, als sachverständigen Zeugen anzuhören. In vorangegangenen Prozessen anderer Friedensaktivist*innen wurde die Anhörung von Bläsius gleichfalls als irrelevant abgelehnt.

Ihren Zivilen Ungehorsam („Hausfriedensbruch“) in Büchel am 30.4.2019 begründete Dettloff mit völkerrechtlichen, menschenrechtlichen und verfassungsrechtlichen Argumenten. Atomwaffen sind als Massenvernichtungswaffen gemäß einem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs aus 1996 verboten. Deutsche Soldat*innen dürfen gemäß dem Atomwaffensperrvertrag (NPT), den Deutschland unterzeichnet hat, nicht über Atomwaffen verfügen. Die Bundesregierung muss das grundgesetzlich verbürgte Menschenrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit achten.

Der Anwalt der Beklagten Christian Mertens plädierte auf Freispruch und erklärte: „Für Deutschland ist das Völkerrecht bindend.“ Er verwies darauf, dass die USA in ihrer Atomkriegsstrategie „Nuclear Posture Review“ einen Erstschlag mit Atomwaffen vorsehen. „Das ist illegal“, so Mertens.

Der Staatsanwalt entgegnete: „Jeder wünscht sich eine Welt ohne Atomwaffen. Straftaten sind jedoch nicht hinnehmbar.“ Die Justiz dürfe nicht politisiert werden.

Richterin Klein verwarf die Berufung und bestätigte das Urteil des Amtsgerichts über 40 Tagessätze, ersatzweise Haft. Dettloff zeigte sich enttäuscht, dass der erhoffte „Mutanfall“ des Gerichts und die Weiterentwicklung der deutschen Justiz ausblieb.

Fotos

Fotos der "Go In"-Aktion vom 30.4.2019 im Flickr-Album „Büchel17“: https://flic.kr/s/aHsmCTZ3f8

"Beherbergungsverbot für Atomwaffen!" - Mahnwache vor dem Berufungsverfahren von Ariane Dettloff (2. v. l.) am Landgericht Koblenz am 6.1.2022. Foto: Stefanie Intveen https://flic.kr/p/2mVyq1

https://flic.kr/p/2mVyq16

 

Ariane Dettloff vor dem Berufungsverfahren am Landgericht Koblenz am 6.1.2022. Foto: Stefanie Intveen flic.kr/p/2mVDUrf 

Sie können alle Fotos bei Namensnennung frei verwenden. 

 

Dokumente
Informationsseite „Atomkrieg aus Versehen“: https://atomkrieg-aus-versehen.de

Kontakt
Ariane Dettloff, ariane.dettloff@contraste.org, Tel. 0221 315783 oder 0176 53766189
Stefanie Intveen, stefanie.intveen@web.de, Tel. 0151 560 949 20

Mit freundlichen Grüßen,

Stefanie Intveen

Siehe auch: https://www.friedenkoeln.de/?p=17037

 

 

Ist Protest gegen Atomwaffen auf Bundeswehr-Gelände in Büchel rechtmäßig?
Pressemitteilung der DFG-VK Köln zum Berufungsprozess mit Ariane Dettloff, Landgericht Koblenz am 6.1.2021

 

Pressemitteilung zum für den 30.9.2021 vorgesehenen, aber dann verschobenen Prozesstermin

Aktiv gegen den Atomkrieg

„Ein Damoklesschwert schwebt über uns allen: das Damoklesschwert eines Atomkriegs – und sei es auch einer aus Versehen. Denn der ist jederzeit möglich, so der Informatiker Prof. Karl Hans Bläsius“, erklärt die Journalistin Ariane Dettloff (77) ihr Engagement für den Abzug der US-Atomwaffen aus dem Bundeswehrstandort Büchel in der Eifel. Dieses bringt sie nun erneut vor Gericht, denn die bisherige hiesige Rechtsprechung sieht ihr Go-In auf das Gelände der Massenvernichtungswaffen am 30.4.2019 als „Hausfriedensbruch“. Sie selbst begründet ihre gemeinsam mit 16 weiteren Friedensaktivist*innen begangene Tat mit den Worten: „Der Ausstieg aus der Atomenergie erfolgte erst nach Tschernobyl und Fukushima; der Klimawandel wurde erst nach Katastrophen wie Dürresommern und mörderischen Fluten ernst genommen. Bei einem Einsatz der Atomwaffen wäre keine Hilfe mehr möglich: auch alle Ärzte in weitem Umkreis wären tot oder schwerst geschädigt, die Krankenhäuser zerstört, die Umgebung durchweg radioaktiv verseucht. Denn die Atombomben in Büchel haben eine vielfache Vernichtungskraft der Bomben von Hiroshima und Nagasaki. Sie sollen nun „modernisiert“ werden – ausdrücklich, um sie b e s s e r  e i n s e t z b a r “ zu machen.“ Laut der US-amerikanischen „Nuclear Posture Review“ sind sie sogar auch für einen Erstschlag vorgesehen. Für die ins Auge gefassten Gegner ist daher der Eifeler Atobombenstandort ein logisches Angriffsziel. Dem vorzubeugen zu versuchen ist Dettloff bereit, selbst eine Gefängnisstrafe auf sich zu nehmen.

Zivilen Ungehorsam hält die 77Jährige angesichts des Verbrechens einer Vorbereitung von und Drohung mit einem Atomkrieg für angemessen und beruft sich auf berühmte Vorbilder: Martin Luther King ist rund 120 Mal verhaftet worden. Gandhi war in Indien etwa sechs Jahre in Haft, bis die Unabhängigkeit erkämpft war. Er pflegte seinen Mitstreiter*innen, die wegen Zivilen Ungehorsams im Gefängnis waren, zu gratulieren.

Die angeklagte Friedensaktivistin verlangt den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen und die Beendigung der „Nuklearen Teilhabe“, die gegen den Atomwaffensperrvertrag verstößt.

Dettloff ist gespannt auf das Urteil des Landgerichts in Koblenz und hofft auf einen „Mutanfall“ ihres Richters: Freispruch wegen Notwehr gegen ein anders nicht abwendbares schweres Unrecht, gegen den Bruch des Friedensgebots des Grundgesetzes sowie den Verstoß gegen das in Artikel 2 verbriefte Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, entgegen dem Völkerrecht und dem Menschenrecht auf Frieden, wie es in der UN-Charta verankert ist.

Bestärkt sieht sich Ariane Dettloff durch einen Offenen Brief von 56 ehemaligen UN-Politikern, Staats- und Regierungschefs sowie Außen- und Verteidigungsministern aus NATO-Staaten, Japan und Südkorea: „Früher oder später wird unser Glück uns verlassen – wenn wir nicht handeln. Es gibt keine Heilung für den Atomkrieg. Prävention ist unsere einzige Chance“, heißt es darin.

 Unterstützt wird Ariane Dettloff u.a. von der DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstegner*innen) und den deutschen Quäkern, deren Mitglied sie ist. Als Pazifistin sieht die Kölner Redakteurin der Zeitung für Selbstorganisation „Contraste“ sich aufgerufen, alles ihr Mögliche zu tun, um einen nuklearen Holocaust abzuwenden. 

Das Amtsgericht Cochem hatte Ariane Dettloff wegen des unerlaubten Betretens des Atomwaffenstandorts Büchel am 12.4.2021 zu einer Strafe von 40 Tagessätzen, ersatzweise Haft, verurteilt.

Falls im Fall einer Verurteilung im Berufungsverfahren und Ablehnung einer möglichen Revision das Bundesverfassungsgericht ihre geplante Beschwerde hiergegen nicht zulassen sollte, will Dettloff den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strasbourg anrufen.

Gerichtsverfahren im Landgericht Koblenz NICHT am Donnerstag, 30.9.2021, sondern "aus dienstlichen Gründen" verschoben auf 6. Januar 2022
Karmeliterstr.14

Pressekontakt: Katja Tempel 0160 4400206

Ariane Dettloff freut sich auf Interviews vor und nach dem Prozess Tel. 0221-315783 und 0176-53766189, Email ariane.dettloff@contraste.org 

 

Fotos

Fotos der "Go In"-Aktion vom 30.4.2019 im Flickr-Album „Büchel17“: flic.kr/s/aHsmCTZ3f8


Ariane Dettloff vom 12.4.2021 vor dem Amtsgericht Cochem auf Flickr: flic.kr/p/2kSsXoz


Alle Fotos bei Namensnennung frei verwendbar

Dokumente
Ariane Dettloff: Einlassung vor dem Amtsgericht Cochem am 12.4.2021:
https://www.friedenkoeln.de/wp-content/uploads/2021/04/20210406-Einlassung-Ariane-Dettloff-Amtsgericht-Cochem_final.pdf

 

Informationsseite „Atomkrieg aus Versehen“: atomkrieg-aus-versehen.de

 

Mehr zu Aktionen in Büchel:

Menschenkette am 5. September: Videos

Weitere Prozesse wegen Aktionen in Büchel gegen Atomwaffen

Rede bei der Kundgebung "25 Jahre Widerstand gegen die Atomwaffen in Büchel. Auch in Mainz!" 18.6.2021

 

 

Letztes Update: 07.01.2022, 10:18 Uhr